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Worin liegt die Größe kleiner Büros, Hatziusarramona?
Das Hamburger Architektenduo Eva Sarramona und Philipp Hatzius bewältigt auch komplexe Bauprojekte mit kleiner Mannschaft. Ihre Erfolgsformel: eine klare Aufgabenverteilung.
 
Klare Kante: Ferienhaus von Hatziusarramona am mecklenburg-vorpommerschen Schaalsee
 
Als Architektenduo Hatziusarramona seid ihr nicht nur beruflich, sondern auch privat ein Paar. Ist das ein Vor- oder eher von Nachteil? 
Eva Sarramona (ES): Ein Vorteil, weil wir flexibler sein können. Als unsere Kinder noch kleiner waren, konnten wir schnell gemeinsam reagieren, wenn es eine Notsituation gab. In einer rein beruflichen Partnerschaft hätte dafür auf Dauer sicher das Verständnis gefehlt. Umgekehrt akzeptierte es die Familie eher, wenn wegen eines Projekts das Wochenende durchgearbeitet werden musste. Denn es war ja unser eigenes Projekt.

Philipp Hatzius (PH): Es funktioniert auch, weil wir eine klare Aufgabenteilung pflegen: Eva verantwortet die Entwurfsplanung, ich die Ausführung. 
Hat sich diese Aufgabenteilung aus euren Stärken ergeben? 
ES: Philipp ist sicher organisierter, ich bin vielleicht etwas kreativer als er. Beim Entwerfen muss man Dinge riskieren und sich etwas trauen. Philipp steuert dann den realistischen Blick bei. Außerdem ist der Bau nach wie vor eine Männerdomäne. Als Mann hat es Philipp dort immer noch einfacher, sich durchzusetzen. Das kann man für unzeitgemäß halten, ist aber ein Fakt.  

PH: Wenn dort ein Entwurf durch allzu arge Kompromisse verwässert zu werden droht, kann ich immer mit dem Satz gegenhalten: „Das kann ich meiner Frau nicht zumuten.“ Das ist mittlerweile eine stehende Redewendung auf unseren Baustellen (lacht).
Habt ihr eine Formel für das klassische Selbständigen-Dilemma: eigentlich immer zu viel oder zu wenig Arbeit auf dem Tisch zu haben?
PH: Leider nein. Eine kurze Zeit lang glaubten wir zwar, sie gefunden zu haben: Von einem Londoner Architektenfreund hatten wir uns die Regel ausgeborgt, grundsätzlich nie mehr als drei Projekte gleichzeitig zu bearbeiten. Das haben wir etwa einen Monat lang durchgehalten. Dann kam Corona und wirbelte alles durcheinander. Sollte also irgendjemand eine funktionierende Formel besitzen: Bitte melden! 
Eigentlich müsstet ihr als kleines Büro so viele Prozesse wie möglich anderen überlassen. Hatziusarramona ist aber bekannt dafür, alles selbst zu machen.  
ES: Das direkte Sich-Zusammensetzen mit Bauherren finde ich viel interessanter und kreativer als indirekt für einen quasi-anonymen Bauherren zu planen. Herauszufinden, was ein Bauherr will oder wollen könnte, obwohl er sich seiner Bedürfnisses möglicherweise noch gar nicht bewusst ist: Das funktioniert unserer Erfahrung nach nur im direkten Austausch.  

PH: Ich mag es, auf der Baustelle zu sein und unsere Entwürfe zusammen mit Bauherren und Handwerkern ins Leben zu bringen. Ein fairer und konstruktiver Umgang miteinander sind mir dabei sehr wichtig. Deshalb arbeite ich lieber mit unserem Netzwerk aus Einzelgewerken als mit einem Generalunternehmer.
Markanter Materialmix: Wohn- und Esstrakt im Haus Alstertal, Hamburg
 
Klingt nachvollziehbar, aber anstrengend.  
PH: Richtig, und dieses Zirkusdirektordasein ist während der Pandemie noch anstrengender geworden. Lieferverzögerungen, explodierende Preise und die eine oder andere Corona-Erkrankung bei Handwerksbetrieben und Lieferanten haben in den letzten zwei Jahren viele Zeitpläne durcheinandergewirbelt. Schlimmer aber finde ich, dass sich manche Lieferanten, Handwerker und Behörden immer noch hinter der Pandemie verstecken. Corona muss heute als Entschuldigung für alles Mögliche herhalten. Die Disziplin, Termine einzuhalten, hat enorm nachgelassen. Auf dem Bau, wo ein Rädchen ins andere greifen muss, ist das verheerend.
Cooler Klinker: Beim Haus Alstertal setzten Hatziusarramona auf gebrannte Fassadenelemente
 
Die puren hölzernen Wohn- und Wochenendhäuser, die ihr vor allem in der norddeutschen Provinz baut, sind bei Städtern beliebt, gelten Landbewohnern aber vielfach als Fremdkörper. Ein mecklenburg-vorpommerscher Dorfbürgermeister stellte einen Hatziusarramona-Bau im Fernsehen einmal als „Schwarzer Sarg“ vor. 
ES: Es stimmt, die traditionelle Landbevölkerung wünscht sich meist eher Massivhäuser, die Robustheit und Dauerhaftigkeit signalisieren. Jene Holzbauten, die wir als Wochenend- oder Ferienhäuser für Städter bauen, haben dagegen immer etwas Bewegliches und Variables. Sie wirken so, als könne man jederzeit noch etwas hinzufügen oder wegnehmen. Das mag nicht jedem gefallen. Aber eine Gleichzeitigkeit von Geschmäckern und Typologien existierte auf dem Land schon immer. Die Backsteinbauten aus dem 19. Jahrhundert müssen es auch aushalten, dass neben ihnen jetzt Walmdachbungalows mit WDVS-Fassade stehen.  
Funktionales Konzept: Interiordesign für die Ticketbox der Hamburger Elbphilharmonie
 
Verhältnismäßig überschaubare Projekte in Kombination mit unerfahrenen Bauherren und vielen individuellen Wünschen: Das ist der Grund, warum viele Planer von Einfamilienhausbauten generell die Finger lassen. Ihr nicht. 
ES: Reich wird man mit privaten Wohnbauprojekten nicht, und rentabel sind sie nur, wenn man sie über alle Phasen hinweg begleitet. Entscheidend ist aber das Vertrauen zwischen Bauherren, Handwerkern und Architekten. Wenn wir sicher sind, dass ein Tischler für ein bestimmtes Projekt der Richtige ist, brauchen wir nicht von drei weiteren Betrieben Angebote einholen. Das spart Zeit, funktioniert aber nur bei Bauherren, die uns hundertprozentig vertrauen. 

PH: Unsere Fokussierung auf kleine Projekte wie Einfamilienhäuser hat sich aus unserer Arbeitsweise ergeben. Besonders in den Anfangsjahren konnten wir uns nicht an Wettbewerben für größere Projekte beteiligen, sondern mussten unsere Arbeitskraft so einsetzen, dass wir nach ein paar Monaten immer eine Rechnung schreiben konnten.  

ES: Heute fragen wir uns natürlich auch, ob das Einfamilienhaus angesichts von Bodenversiegelung und Klimakrise noch eine zeitgemäße Bauform ist. Bei unserem aktuellen Wohnbauprojekt ist es uns immerhin gelungen, in einer eigentlich als Doppelhaus gedachten Immobilie eine dritte Wohnung unterzubringen. Und wir bemühen uns aktuell um Projekte für Baugruppen – aus unserer Sicht eine zukunftsweisende Form der Bauherrenschaft.
Behagliche Boxen: Hatziusarramonas Hotelprojekt „Glück in Sicht“ an der Ostseeküste besteht aus einem Ensemble hölzerner Gästebungalows
 
Ein paar fixe persönliche Fragen zum Schluss, die wir grundsätzlich allen Interviewpartnern und -partnerinnen stellen. Los geht’s!
Das wollte ich als Kind werden:
ES: Schriftstellerin 
PH: Bluespianist 
Der beste Rat meiner Eltern:
ES: Sei selbständig. 
PH: Reise viel! Das habe ich übrigens beherzigt.
Jemand, von dem ich enorm viel gelernt habe:
ES: Xavier Monteys, mein Architekturprofessor an der Universität Barcelona. Weil er sich nie von großen Gesten beeindrucken ließ, sondern immer die Essenz eines Entwurfs prüfte. 
PH: Vom katalanischen Architekten Luis Vidal, bei dem ich eine Zeitlang gearbeitet habe. Vidal realisierte in abgelegenen Dörfern in den Pyrenäen außergewöhnliche Bauten mit hohem Anspruch, die nie irgendwo veröffentlicht wurden. Im Stillen gute Arbeit abliefern: Dieser Ansatz hat mich beeindruckt.
Mein verkanntestes Talent:
ES: Fußballanalyse 
PH: Fremdsprachen 
Etwas, mit dem ich meinen Unterhalt verdienen könnte, sollte es als Gestalter nicht mehr klappen:
ES: Ich würde einen Foodtruck mit spanischen Tapas betreiben. 
PH: Als Musiker. 
Eine Idee, die ich eines Tages definitiv noch umsetzen werde:
ES: Das, was wahrscheinlich jede Architektin und jeder Architekt vorhat: mein eigenes Haus zu bauen. 
PH: Jedes Jahr ein bisschen ressourcenschonender zu leben und zu arbeiten.  
Mein guter Rat an jemanden, der bzw. die es als Designer oder Designerin zu etwas bringen will:  
ES: Nicht auf das eine große Projekt zu warten, sondern die vielen kleinen Aufgaben mit Leidenschaft lösen.   
PH: Dem kann ich mich nur anschließen.  
 
Eva Sarramona und Philipp Hatzius 
Die Barcelonerin Eva Sarramona und der Hamburger Philipp Hatzius lernten sich während des Studiums an der Königlichen Kunstakademie Kopenhagen kennen und gründeten 2005 in Hamburg ihr eigenes Büro. Mit Hatziusarramona Architekten haben sie seither Wohn- und Wochenendhäuser, Hotels, Fabriken und Kindergärten in Deutschland, Spanien und Polen gebaut. Aktuell arbeitet das Duo an einem Mehrfamilienhaus am Hamburger Stadtrand.

www.hatziusarramona.net
 
Text:
Harald Willenbrock

Fotos:
Titelfoto Philipp Hatzius und Eva Sarramona und Foto Haus am Schaalsee/Rognitz (c) Hatzius Sarramona Architekten | Fotos Haus Alstertal innen; Haus Alstertal außen; Hotelprojekt Glück in Sicht © Samuel Zuder, www.samuelzuder.com | Foto Ticketkiosk Elphi © Jonas von der Hude, www.vonderhude.de
 
Ein ganzes Magazin über das Hochhausprojekt von MA Architekten: Die brandneue Blueprint


 
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Stefanie Wahl,
Hager Architektenkommunikation
 
 
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