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Wie baut man Wohnhäuser klimaschonend, Sascha Arnold?
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Bekannt geworden ist Sascha Arnold vor allem mit Interiors für Hotels, Restaurants und Privathäuser. Sein aktuelles Projekt stellt ihn aber vor ganz neue Herausforderungen: Am Ammersee plant der Münchener Architekt für sich und seine Familie ein möglichst klimaschonendes Wohnhaus. Wie kann das gelingen? Und auf welche Technologien und Erfahrungen können Planer dabei setzen?
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Großes Vorbild: Inspiration für den 200 Quadratmeter-Bau war das Wohnhaus Kenzo Tanges von 1958. Bereits im Modell gut erkennbar ist das weit überkragende Aluminium-Blechdach. Es dient als Fassaden- und Sonnenschutz zugleich
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Nachhaltig bauen wollen heute viele. Was genau hast Du Dir für Dein privates Hausprojekt vorgenommen?
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Ich will ein ressourcenschonendes Haus, das möglichst lange hält, möglichst autark wirtschaftet und mit so vielen organischen Materialien wie möglich arbeitet. Es geht darum, das Maximum an Nachhaltigkeit herauszuholen. Nicht nur für uns, sondern auch für unsere Bauherren, denen wir am Beispiel unseres Hauses zeigen wollen, was geht.
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Du planst und baust bereits seit langem, früher für Herzog & de Meuron, seit 20 Jahren mit eigenem Büro – warum sind Dir die nachhaltigen Aspekte gerade jetzt wichtig?
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Was wir aktuell in der Architektur erleben, ist ja der größte Umbruch der vergangenen 70 Jahre. Und mit unserem Büro haben wir zwar schon immer auf möglichst lokale Materialien gesetzt, viele Standards aber einfach nicht hinterfragt. Man hat eben so gebaut, wie man gebaut hat. Heute ist klar: Wenn wir überhaupt noch neu bauen, müssen wir es so klimapositiv und ressourcenschonend wie möglich tun. Bei mir persönlich hat sich auch viel dadurch verändert, dass ich heute Kinder habe. Mir ist ganz und gar nicht egal, was in 40 Jahren auf diesem Planeten los ist.
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Fixe Vorfertigung: Wände und Decken aus Brettschichtholz wurden von einer Südtiroler Zimmerei vorgefertigt an den Ammersee geliefert. Bauzeit und CO2-Fußabdruck reduzierten sich durch die Holzelemente extrem.
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Wie können Architekten von einem Teil des Problems zu einem Teil der nachhaltigen Lösung werden?
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Im Studium vor 20 oder 30 Jahren haben wir all das jedenfalls noch nicht gelernt. Zugleich passiert in diesem Bereich aktuell wahnsinnig viel – glücklicherweise, muss man sagen. Als Architekt muss man sich daher in eine Art Schwamm verwandeln und alles aufsaugen, was es an Informationen und Lösungen gibt. Und man muss sich kompetente Partner wie Hager suchen, die einem einen guten Teil der Komplexität abnehmen. Außerdem können wir auf jahrhundertealte Bauerfahrung zurückgreifen, das macht vieles einfacher.
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Ich habe für unser Haus ein umlaufendes, zwei Meter auskragendes Aluminiumwalmdach geplant, das die Holzfassade vor Wetter und Regen schützen wird. Wie irre lange Holz hält, wenn es nicht bewittert wird, kann man an den alten Heustadln und Bauernhäusern hier in den Alpen ablesen. Der Dachüberstand schützt außerdem vor direkter Sonneneinstrahlung und Hitze im Sommer, während im Winter die tiefstehende Sonne ins Haus gelangt und es erwärmen kann. Das ist alles nicht teuer und keine Raketenwissenschaft, sondern uralte bauhandwerkliche Erfahrungswerte, die man nur verstehen und nutzen muss.
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Was oder wer hat Dich zu deinem Entwurf inspiriert?
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Der japanisch-minimalistische Stil von Kenzo Tanges Wohnhaus aus dem Jahre 1958. Der Anstrich von Haupt- und Atelierhaus wiederum orientiert sich an der Farbigkeit der Bootshäuser hier am Ammersee.
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Was ist beim Planen und Bauen heute anders als noch vor wenigen Jahren?
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Es geht heute nicht mehr nur um Design, sondern um möglichst einfaches, ressourcenschonendes, intelligentes Bauen. Bei Bauherren müssen wir da viel Überzeugungsarbeit leisten.
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Was Bauherren definitiv wissen wollen: Lohnt sich klimapositives Bauen?
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Dieses Durchrechnen ist Unsinn, weil sich die Parameter ständig ändern. Was sich vor zwei Jahren nur mühsam rechnete, ist bei den aktuellen Energiepreisen höchst rentabel, und in zwei Jahren kann es wieder ganz anders aussehen. Was aber bleibt, ist die Riesenverantwortung, die wir als Architekten und Bauherren haben. Der Gebäudesektor ist ja für 30 bis 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Diesen Oversize-Footprint müssen wir dringend verkleinern.
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Stilvoll speisen: Auf dem Dach der von Sep Ruf geplanten, heute denkmalgeschützten Halle für Luft- und Raumfahrt des Deutschen Museums realisierte Arnold / Werner das neue Museumsrestaurant „Frau im Mond“
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Apropos Footprint: Darf man heute eigentlich noch guten Gewissens Einfamilienhäuser bauen?
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Gute Frage. Leider ließ sich das Bestandsgebäude auf unserem Grundstück nicht retten, da es ob seiner Hanglage dauerhaft unter Wasser stand. Also mussten wir abreißen und den Boden erst einmal bis in drei Meter Tiefe verdichten. Den Neubau haben wir dann so zirkulär und organisch wie möglich angelegt. Abgesehen von den Abwasserleitungen findest Du bei uns kaum Kunststoff, den Unterbau der Bodenplatte haben wir aus Glasschaumschotter statt Styropor ausgeführt, und aus Beton besteht bei uns nur die Bodenplatte. Die Brettschichtholzelemente, die eine Südtiroler Zimmerei für uns vorfertigt, werden nicht verklebt, sondern verschraubt. Sollten
meine Kinder das Haus also eines Tages demontieren wollen, ließe sich vieles problemlos wiederverwenden.
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Dezente Bleibe: Unweit des Englischen Gartens planten Arnold / Werner ein Einfamilienhaus für eine Familie mit drei Kindern. Während Kubatur und Kratzputzfassade Bezug zur umliegenden Bebauung nehmen, setzt die monochrome Gestaltung der Gebäudehülle einen unverwechselbaren Akzent.
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Ein Baugrundstück unweit des Ammersees: Wie ergattert man als Nicht-Multimillionär überhaupt eine solche Preziose?
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Wir hatten das Grundstück zufällig entdeckt und das Glück, dass der Altbesitzer sich eine Familie als Käufer wünschte – und unter 50 Interessenten uns auswählte. Und die Lokation ist wunderschön. Utting auf der Ostseite des Ammersees war ja das Feriendomizil Thomas Manns und vieler Simplicissimus-Künstler und hat sich bis heute eine gewisse Lockerheit bewahrt. Diesem Hochgestellte-Hemdkragen-und-911er Dünkel wie am Starnberger See begegnest Du hier eher selten.
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Kunst statt Kohle: Das frühere Heizkraftwerk in München-Aubing wird gerade nach Plänen von Stenger2 Architekten zum Kulturzentrum umgebaut. Arnold / Werner übernahmen die Gestaltung der erdgeschossigen Empfangs-, Gastronomie- und Veranstaltungsfläche sowie des Jazzclubs im Untergeschoss
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Ein paar fixe persönliche Fragen zum Schluss, die wir allen Interviewpartnern
und -partnerinnen stellen. Los geht’s!
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Das wollte ich als Kind werden:
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Der beste Rat meiner Eltern:
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Im Alter von 15 Jahren fragte ich sie, in welche Richtung ich mich beruflich entwickeln sollte. Ihr Rat lautete: Zeitsoldat oder Bankkaufmann. Der bessere folgte glücklicherweise gleich danach: „Du weißt selbst am besten, was für Dich richtig ist.“
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Jemand, von dem ich enorm viel gelernt habe:
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Mein verkanntestes Talent:
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Gastgeber-Sein und Risotto-Kochen.
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Etwas, mit dem ich meinen Unterhalt verdienen könnte, sollte es als Architekt mal nicht mehr klappen:
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Obstbauer oder Betreiber einer Garten-Pizzeria.
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Eine Idee, die ich eines Tages definitiv noch umsetzen werde:
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Der für Sie als Architekten aktuell inspirierendste Instagram-Account?
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Mein guter Rat an jemanden, der es als Architekt zu etwas bringen will:
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Funktioniert nicht für jeden, für viele aber gilt der Baumarktspruch: Mach Dein Ding!
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SASCHA ARNOLD
war nach dem Studium als Detaillist bei Herzog & de Meuron am Münchener Projekt „Fünf Höfe“ beteiligt, bevor er sich mit seinem Partner Domenicus Werner und dem Büro Arnold / Werner selbständig machte. Ein Schwerpunkt liegt auf der Gestaltung von Restaurants und Hotels, von denen Arnold eines – das Münchener Boutiquehotel „Flushing Meadows“ – eine Zeitlang selbst betrieb. Aktuell ist das 15 Mitarbeiter-Büro am Umbau eines ehemaligen Heizkraftwerks in München-Aubing zum Bergson Kunstkraftwerk tätig.
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DAS PROJEKT: HAUS ARNOLD AM AMMERSEE
Standort: Utting am Ammersee
Fläche: 200qm (Haupthaus), 70 qm (Atelierhaus)
Baubeginn: Februar 2023
Standard: KfW40
Konstruktion: Brettschichtholz 120mm mit Holzwolledämmung, Holzverkleidung
und Aluminium-Blechdach
Energieversorgung: PV-Anlage, Luft-Wasser-Wärmepumpe
Energiemanagement: Hager flow mit Batteriespeicher und Wallbox
Schalterprogramm: Berker R.1 weiss
Türkommunikation: Elcom
Budget: 1.0 Mio € netto (Gebäude)
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Text:
Harald Willenbrock
Fotos:
Portrait Sascha Arnold: Fabrice Dall'Anese, www.fabricedallanese.com | Wohnhaus Ammersee- Modell, Vorfertigung und Video: Jan Heinemann, www.drehbewegung.de | Deutsches Museum – Restaurant „Frau im Mond“: Arnold / Werner & Luca Eder, www.frameline.gallery | Einfamilienhaus München: Arnold / Werner & Freshimages, www.freshimages.de | Kulturzentrum München-Aubing/Tagesbar Kessel: Arnold / Werner & Grauwald, www.grauwald-studio.com
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Klimapositiv Planen+Bauen
Wir erleichtern Planung und Bau möglichst klimapositiver Gebäude mit einem erprobten Energiemanagementsystem für Architekten, die ihren heutigen Projekten das morgen gleich mit einbauen wollen.
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Sie haben das db Symposium am 13. Juli und den Vortrag von Sascha Arnold zu seinem Projekt verpasst?
Hier finden Sie den Nachbericht des Symposiums inkl. umfangreicher
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Wie geht klimaschonendes Bauen?
Wir begleiten Konzeption, Planung und Bau eines klimaschonenden Einfamilienhauses von Arnold Werner Architekten (München).
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Ideen tanken
Lassen Sie sich inspirieren! Mit unseren out of the box-stories für Architekten bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
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Fragen? Ideen? Projekte?
Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
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Stefanie Wahl,
Hager Architektenkommunikation
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