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Wie bauen wir ressourceneffizienter, Stefanie Weidner?
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Kaum ein deutsches Großbüro hat sich so früh und intensiv um Ressourceneffizienz gekümmert wie Werner Sobek. Als Leiterin der Kopenhagener Niederlassung hat Stefanie Weidner noch einmal einen besonderen Blick auf die deutsche Architektenlandschaft. Das Credo der promovierten Architektin: Mehr voneinander lernen!
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Eingepreiste Entsorgung: Den Experimentalbau Urban Mining & Recycling (UMAR) im schweizerischen Dübendorf ließ Werner Sobek ausschließlich aus Komponenten fertigen, die sich sortenrein wiederverwenden lassen
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Mit dem Büro Werner Sobek haben Sie sehr früh auf nachhaltiges Bauen gesetzt. Jetzt ist das Thema endlich in der Breite angekommen – und überfordert erst einmal viele Architektinnen und Architekten.
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Das Gefühl kann ich absolut nachvollziehen, weil ja nicht nur zahlreiche Anforderungen, Förderungen und Richtlinien zu beachten sind, sondern diese sich zudem ständig ändern. Es reicht deshalb auch nicht, sich ein Mal mit dem Thema zu befassen. Architektinnen und Planer müssen die ganze Zeit am Ball bleiben, und das ist natürlich extrem fordernd.
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Wie und wo können Architektinnen und Architekten sich denn schnell zum Thema aufschlauen?
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Erste Hilfe bieten sicher die Fortbildungsprogramme der Architektenkammern oder auch der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen. Ansonsten arbeiten Architektinnen und Architekten ja in der Regel mit Fachplanern zusammen, die ihr Wissen gerne weitergeben. Was bedeutet es beispielsweise, ein Effizienzhaus 40 zu planen? Welche Anforderungen stellt das Gebäudeenergiegesetz genau? Wenn man bei solchen Fragen nicht in jedem Projekt wieder bei Null anfangen muss, ist das für alle Beteiligten viel wert.
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High Tech-Hochhaus: Sobeks Demonstrator-Hochhaus auf dem Stuttgarter Universitätscampus spart in großem Umfang Ressourcen ein. Als erstes adaptives Hochhaus passt es sich selbsttätig wechselnden Wind- und Wetterverhältnissen an
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Was fasziniert Sie persönlich am Thema Ressourceneffizienz?
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Ich bin über die Planung von Sportstätten zum Thema gekommen. Viele Stadien und Sporthallen werden ja mit enormem Ressourcenaufwand gebaut – und stehen dann die meiste Zeit ungenutzt herum. Von dort habe ich weitergeschaut und in meiner Doktorarbeit untersucht, wie wir den Ressourceneinsatz im urbanen Kontext minimieren können.
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Ihr Doktorvater Werner Sobek gilt als einer der Visionäre ressourceneffizienten Bauens. Mit welchen Adjektiven würden Sie ihn beschreiben?
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Vorausdenkend. Schnell die Dinge erfassend. Permanent hinterfragend. Und natürlich auch fordernd.
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Für Werner Sobek haben Sie 2022 ein Planungsbüro für Tragwerk, Fassaden und Haustechnik in Kopenhagen eröffnet. Warum gerade dort? Was suchen und was finden Sie als Architektin in Kopenhagen?
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Eine Menge. Zum einen wird in Dänemark beim Bauen großer Wert auf soziale Nachhaltigkeit und die Wiederverwendung von Materialien gelegt. Unsere skandinavischen Nachbarn sind da etwas mutiger als wir Deutschen, wo bei neuen Ansätzen erst einmal viele „Abers…“ auftauchen. Wir können deshalb in Dänemark unsere Expertise in Bezug auf Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Baumaterialien besonders gut einbringen. Zum anderen gibt es in Dänemark eine wahnsinnig große Vielfalt an ausgezeichneten, international erfolgreichen Architekturbüros wie BIG, Henning Larsen, Cobe und 3XN, aber auch kleinen und exquisiten wie Dorte Mandrup Arkitekter. Deren Nähe suchen wir.
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Müssen Sie dafür tatsächlich persönlich vor Ort sein? Netzwerken kann man heute von überall.
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Nach meinem Eindruck wird in Dänemark Präsenz und persönliches Netzwerken sehr viel höher geschätzt als bei uns. Würden wir hier lediglich ein Pro-forma-Büro betreiben, käme das nicht so gut an.
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Flexible Fassade: 24 Hydraulikzylinder, die in die Tragstruktur des Demonstratorhochhauses integriert sind, können in Sekundenbruchteilen seismischen oder windinduzierten Schwingungen entgegenwirken
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Gibt es schon erste Sobek-Projekte in Dänemark?
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Ja, wir arbeiten bereits an verschiedenen Projekten – sowohl in Dänemark als auch mit dänischen Architekten bzw. für dänische Bauherren in Deutschland. Aber natürlich ist auch noch viel Akquise-Arbeit zu betreiben.
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Woran muss man sich als Architektin mit deutschen Wurzeln in Dänemark gewöhnen?
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Etwas, das hier ganz anders läuft als in Deutschland ist die Art, wie sich für Projekte Teams bilden. Hier in Dänemark gibt es eine Plattform für Architekten, die in den Kommunen künftige öffentliche Bauprojekte scannt. Wenn beispielsweise ein Gemeinderat Gelder für den Kindergartenbau freigibt, erfährt man das auf diese Weise sehr früh. Teilweise formen sich dann bereits zwei bis drei Jahre vor der Ausrufung eines Wettbewerbs Teams, um sich gemeinsam für den jeweiligen Auftrag zu bewerben und ihn dann auch gemeinsam umzusetzen. Die Unterschiede habe ich kürzlich in einem Erfahrungsbericht zusammengefasst.
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Grüne Offensive: Die Calwer Passage in Stuttgart (Architektur: Ingenhoven / Tennigkeit/Fehrle) versah Werner Sobek mit immergrüner Fassade und Dach
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Sie leben in Kopenhagen, haben bei Foster+Partners in London gearbeitet und in Melbourne Architektur studiert. Wenn man vom Ausland auf das Planen und Bauen in Deutschland blickt: Welche Muster erkennt man da, die man aus der Binnenperspektive möglicherweise übersieht?
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Erkennbar ist, dass die Erwartungen an Nachhaltigkeit in Deutschland noch ziemlich schwach ausfallen. Teilweise sind sie auch zu detailliert, beispielsweise, wenn das GEG genau vorschreibt, welcher U-Wert bei welchem Bauteil zu erfüllen ist. In Dänemark hingegen gibt man einfach vor, wieviel Kilogramm CO2 ein Gebäude pro Quadratmeter und Jahr maximal ausstoßen darf. Und zwar zusammengenommen für graue Emissionen und Betriebsemissionen. Wie die Planenden diesen Wert erreichen, bleibt ihnen überlassen.
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Warum ist ein pauschaler CO2-Wert aus Ihrer Sicht sinnvoller statt detaillierter Vorgaben?
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Erst einmal brauchen wir klare Grenzwerte, denn in Zeiten der Baukostensteigerungen tut niemand mehr etwas freiwillig. Wenn wir als Gesellschaft unser 1.5 Grad-Ziel nicht völlig aus den Augen verlieren wollen, reicht es nicht, auf gute Intentionen der Bauherrenseite zu hoffen. Und indem man per Grenzwert die Kreativität der Planenden aktiviert, kommt man zu Lösungen, die anders aussehen als nur noch mehr Dämmung auf die Fassade zu packen. Zielmarken fördern Kreativität! Aktuell leisten wir uns in Deutschland aber leider noch zu viel Klein-Klein, bei dem niemand mehr durchblickt.
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Was denken Sie: Wohin wird die Reise in puncto Nachhaltigkeit beim Bauen gehen?
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Ich hoffe, dass wir auch in Deutschland bald einen verpflichtenden
Gebäude-Ressourcenausweis und CO2-Limits bekommen, die bei der Baugenehmigung berücksichtigt werden müssen. Wir alle haben halt nur noch ein begrenztes CO2 Budget zur Verfügung. Das müssen wir gerecht verteilen. Bei Baumaterialherstellern und Planenden könnte das einen gewaltigen Innovationsschub auslösen.
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Energetische Premiere: Sobeks Experimentalgebäude B10 in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung erzeugt das Doppelte seines Energiebedarfs selbst
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Ein paar fixe persönliche Fragen zum Schluss, die wir allen Interviewpartnern
und -partnerinnen stellen. Los geht’s!
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Das wollte ich als Kind werden:
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Der beste Rat meiner Eltern:
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Wenn sich eine Tür schließt, öffnen sich immer neue.
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Jemand, von dem ich enorm viel gelernt habe:
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Mein verkanntestes Talent:
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Theaterspielen. Würde ich auch gern wieder machen, nur fehlt mir aktuell leider die Zeit.
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Etwas, mit dem ich auch meinen Unterhalt verdienen könnte, sollte es als Architekt nicht mehr klappen:
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Das kleine elterliche Hotel übernehmen.
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Eine Idee, die ich eines Tages definitiv noch umsetzen werde:
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Eine Mehrtageswanderung in den Anden.
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Der für Sie als Architekten aktuell inspirierendste instagram-Account?
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Mein guter Rat an jemanden, der/die es als Architekt zu etwas bringen will:
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Mehr Mut haben! Architektur bietet weit mehr als Zeichnen und Entwerfen. Das ist so ein breites Feld, dass hier jeder seinen Platz findet, auch wenn er oder sie vielleicht kein Top-Entwurfstalent ist.
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STEFANIE WEIDNER
ist seit 2022 Leiterin der Kopenhagener Büros von Werner Sobek, bei dem sie zudem seit 2021 Director Sustainability Strategies und Teamleiterin ist. Die Diplom-Ingenieurin hat an den Universitäten Stuttgart und Melbourne Architektur und Stadtplanung studiert und zum Thema „Ressourcenminimierung im urbanen Kontext“ promoviert. Parallel zum Studium arbeitete die gebürtige Straubingerin als Architectural Assistant im Londoner Büro von Foster+Partners.
www.wernersobek.com
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Text:
Harald Willenbrock
Fotos:
Portrait: Stefanie Weidner © Uli Regenscheit, www.uliregenscheit.de |Urban Mining & Recycling © Zooey Braun, www.zooeybraun.de | Demonstrator-Hochhaus außen © René Müller, mediabase-network.com | Demonstrator-Hochhaus innen © René Müller, mediabase-network.com | Calwer Passage © IMAGO / Arnulf Hettrich, www.imago-images.de | Experimentalgebäude B10 © Zooey Braun, www.zooeybraun.de
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Ein ganzes Magazin über das Hochhausprojekt von MA Architekten: Die Blueprint B.16
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Spannende Einblicke:
Inspirierende Projekte und Lösungen in Anwendung.
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Ideen tanken
Lassen Sie sich inspirieren! Mit unseren „out of the box"-Stories für Architekten bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
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Fragen? Ideen? Projekte?
Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
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Stefanie Wahl,
Hager Architektenkommunikation
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