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Wie kriegen Sie den Kopf frei, Thomas Kröger? 
Wie kommt das Neue in die Welt? Wie entstehen unkonventionelle Entwürfe, wie befreit man sich von Routine und Mainstream-Denke? In unserem out of the box-Newsletter diskutieren wir diese Fragen mit Architekten und Gestaltern. Den Anfang macht der Berliner Architekt Thomas Kröger.
Als Architekt haben Sie vom Landhaus bis zum Einkaufszentrum ganz unterschiedliche Gebäudetypologien bearbeitet. Aktuell bauen Sie gerade zwei Schulen. Wie findet man neue Antworten auf Fragen, auf die es bereits vieltausendfache Antworten gibt?
Unsere Einladung zum Wettbewerb um die Schule in Hamburg-Kirchwerder hat mich tatsächlich überrascht, weil ich dachte, man bräuchte da Vorkenntnisse. Die Stadt Hamburg aber war mutig und wollte den Wettbewerb mit Leuten besetzen, die für ungewöhnliche Ansätze stehen und über Erfahrungen im ländlichen Kontext verfügen. Wir haben uns dann umgeschaut, welche Gebäudetypen für die Marschlande, in denen die Schule stehen wird, ortsprägend sind. Zu diesen objektiv prägenden Merkmalen kam dann das subjektive Empfinden, was mir bei einer Schule wichtig ist. Das hat natürlich viel mit meiner eigenen Schulerfahrung zu tun.
Welchen persönlichen Erfahrungen des Schülers Thomas Kröger begegnet man in Ihrem Schulentwurf? 
Zum Beispiel die doppelläufigen Treppenräume, denn für mich als Schüler waren die Treppenhäuser immer stimmungsprägend. Fühlte ich mich super, schritt ich breitbeinig in der Mitte der Treppe herunter. An schlechteren Tagen drückte ich mich eher entlang des Treppengeländers hinab oder hinauf. Auch die Aula einer Schule sollte nach meiner Meinung ein besonderer Raum sein, schließlich ist sie der Platz für besondere Veranstaltungen und Anlässe. 
Waren Sie ein guter Schüler? 
Ich war ein hervorragender Träumer.  
Einen Ihrer Entwürfe wählte das Deutsche Architekturmuseum vor zwei Jahren zum „Haus des Jahres“. Das Wohnhaus vereint auf ziemlich einzigartige Weise das Äußere eines traditionellen friesischen Gulfhauses mit dem Interieur einer Loftwohnung. Wie kommt man auf die Idee für einen solch unkonventionellen Hybriden? 
In diesem Fall durch ganz tolle Bauherren und einen ungewöhnlichen Deal: Dieses junge Lehrerehepaar hatte, nachdem ich ihre Anfrage eigentlich abgelehnt hatte, sowohl Bauleitung als auch Kostenverantwortung für ihr Projekt kurzerhand selbst übernommen. So konnten wir von Berlin aus gemeinsam mit ihnen ihr Wohnhaus im 500 Kilometer entfernten Ostfriesland umsetzen. Über eine Webcam behielt mein Team den Baufortschritt ständig im Blick.

Zusammen mit den Bauherren habe ich mir zu Anfang viele Gulfhäuser angeschaut und diese traditionelle Typologie auf ein Wohnhaus für die junge Familie übersetzt. Die Holzstielkonstruktion der Gulfhäuser wurde, inspiriert von Shinohara Kazuo, in überdimensionierten Stahlbeton übertragen und so zu einem besonderen Raumerlebnis geführt. 
"Inspiration ist was für Amateure“, behauptet Chuck Close, der Maler. „Der Rest von uns geht jeden Tag zur Arbeit." 
Stimmt nicht, schließlich beginnt jedes ungewöhnliche Projekt zunächst einmal mit Neugierde. Aber der ganze große Rest ist tatsächlich Arbeit. Man rauft sich die Haare und tastet sich beharrlich vorwärts. 
Was tun Sie, wenn Ihnen mal absolut nichts einfällt?  
Arbeiten. Duschen oder laufen mag den Kopf klären. Aber Ideen muss man sich erarbeiten. 
„Die große Kunst ist es, eine gute Idee zu erkennen, sie ins Ziel zu tragen und dabei jedem auf die Finger zu hauen, der sie verschlimmbessern will“, heißt es vom Werber Thomas Strerath. Wie trägt man gute Ideen unbeschadet über die Ziellinie? 
In der Architektur kommt es vor allem auf starke Bilder an, weil sie eine Idee verdichten und im Wettbewerb einen Großteil der Überzeugungsarbeit leisten können. Später, während der Weiterentwicklung des Projekts, dienen sie als Maßstäbe, an denen man sich immer wieder misst und messen lassen muss.

Beim Schulprojekt in Hamburg-Kirchwerder hatten wir unsere Visualisierungen übrigens bewusst nebulös gehalten, weil wir befürchten mussten, bei den Kosten übers Ziel hinauszuschießen. Die Fassade beispielsweise konnte man als Ziegelfassade lesen, obwohl wir damals noch nicht wissen konnten, ob wir uns eine Ziegelfassade leisten können.
Welche Idee haben Sie mal so richtig in den Sand gesetzt? 
Am meisten geärgert habe ich mich über unseren Entwurf für eine Siedlungsverdichtung in Wedel, der mir sehr am Herzen lag. Ich war mir auch sehr sicher, den Wettbewerb für uns entscheiden zu können. Haben wir aber nicht. Der Grund: Ein Kommunalpolitiker äußerte in der Jurysitzung die Befürchtung, ein hochwertiger – wenngleich förderfähiger! – Wohnbau, wie wir ihn vorsahen, könnte in der Nachbarschaft sozial spaltend wirken. Ich war total baff, dass ein qualitativ hochwertiges Konzept als Negativum gewertet werden konnte. Das hatte ich nicht bedacht.
Welche Konsequenz haben Sie aus dieser Niederlage gezogen?  
Weitermachen. Für Qualität kämpfen. Es geht immer mal etwas in die Hose. Macht nichts.
Ihre Wettbewerbserfahrung deckt sich mit jener von Rem Kolhaas: „Wir Architekten werden als Helden gefeiert, dabei ist Erniedrigung unser Alltag“, heißt es von ihm. „Der größte Teil unserer Arbeit für Wettbewerbe und Ausschreibungen verschwindet automatisch. Das ist unser schmutziges Geheimnis.“  
Unser Alltag ist mitunter schon ganz schön hart, denn als Architekt ist man ja der Ansprechpartner Nr. 1 für alles, was schiefgeht. Die Bandbreite unserer Verantwortung ist enorm. Es ist ein ständiger Kampf, in dem man sich mitunter monatelang in Verteidigungskämpfen aufreibt. Wenn beispielsweise Löhne und Preise explodieren und alles viel teurer wird als zum Zeitpunkt des Entwurfs, muss man permanent kämpfen, dass die Qualität nicht über Bord geht.

Aber dazwischen gibt es Momente der Freude, die einen retten. Ein solcher Moment ist immer, wenn ein Projekt fertig ist und allen Beteiligten klar wird, dass sich der Kampf gelohnt hat. 
Sie haben einige Jahre in den Büros von Norman Foster und Max Dudler gearbeitet. Gibt es etwas, was sie von beiden mitgenommen haben?
Als ich bei Foster + Partners anfing, war ich gerade einmal 22 Jahre alt und wurde gleich in ein Projekt in Duisburg geworfen. Es war großartig. Der Teamgeist und das Arbeiten um der Sache willen hat mich enorm beeindruckt. „Wenn Du Dein eigener König sein willst, musst Du gehen“, hat mir David Nelson, Managing Partner bei Foster + Partners, damals erklärt, „wenn es Dir aber ums Bauen geht, hast Du bei uns alle Möglichkeiten.“

Gleichzeitig ist Norman Foster eine absolute Diva, vor der sich auch die gestandenen Architekten seines Büros verbeugen. Diese Haltung kam mir damals seltsam vor – heute vermute ich, dass eine gewisse Divenhaftigkeit unvermeidlich ist, wenn man so groß denkt, wie Norman Foster es tut. 

Von Max Dudler sind mir seine Persönlichkeit, seine Großzügigkeit und sein Gentleman-Dasein in Erinnerung geblieben. Architekten wie ihn, die als Meister auftreten und ihre Standpunkte bis ins Letzte durchfechten, gibt es ja heute quasi gar nicht mehr.  
Sie sind mittlerweile seit zwei Jahrzehnten im Geschäft und verfügen über eine Menge Erfahrung. Ist das von Vorteil oder eher ein Hindernis? 
Erfahrung ist ein erheblicher Vorteil. Sie hilft einem, Dinge einzuordnen und entspannter anzugehen. Und dennoch fängt man bei jedem Projekt wieder von vorne an. 
Ein paar fixe Fragen zum Schluss – bitte direkt und ohne viel Nachdenken antworten: 
Das wollte ich als Kind werden: 
Architekt. Ich habe schon als kleiner Junge immer wieder gezeichnet und daheim umgebaut. Im Kunstunterricht habe ich durchgesetzt, dass wir uns ein architektonisches Projekt vorknöpfen. Es gab immer nur das eine für mich. 
Der beste Rat meiner Eltern: 
Meine Eltern haben mir immer vertraut, mich nie eingeschränkt, sondern immer unterstützt. 
Jemand, von dem ich enorm viel mitgenommen habe:  
David Nelson und Max Dudler, außerdem Peter Cook, bei dem ich an der Bartlett School gelernt habe. Und Adolf Krischanitz.
Drei inspirierende Instagram-Accounts, denen ich folge:  
Ich wüsste gar nicht, wann ich auf Instagram sein sollte.
Mein verkanntestes Talent:  
Segeln. Außerdem kann ich ganz gut Geschichten erzählen.
Etwas, mit dem ich auch meinen Unterhalt verdienen könnte, sollte es als Architekt nicht mehr klappen: 
Die Professur an der Kunstakademie Düsseldorf macht mir viel Freude.
Eine Idee, die ich eines Tages definitiv noch umsetzen werde: 
Früher habe ich immer Dreijahrespläne aufgestellt, die sich aber nie so erfüllten, wie ich es mir vorgestellt hatte. Heute wünsche ich mir einfach nur, das Leben, das ich lebe, immer weiterführen zu dürfen. Nie aufhören zu müssen. Immer wieder von vorn anfangen zu können. 
Mein guter Rat an jede(n), der/die es als Architekt zu etwas bringen will: 
Glaub an Dich. Sei mutig.
 
Thomas Kröger

Thomas Kröger begann seine Architektenkarriere mit einem Kickstart: Mit ganzen 21 Jahren und lediglich einem Vordiplom in der Hand, marschierte er zu Norman Foster, weil er unbedingt beim Meister der Eleganz arbeiten wollte. Tatsächlich bekam er den Job. Später arbeitete er bei Max Dudler, bevor er sich mit eigenem Büro selbstständig machte. Heute leitet Kröger ein Büro mit 27 Mitarbeitern, das aktuell mit zwei Schulen in Hamburg und im Schwarzwald, Wohnhäusern in Berlin und München sowie einem Bürogebäude gut zu tun hat. Fun Fact am Rande: Kröger war Gestalter des Berker Designer Cups Edition 2018.
 
 
Alles für Ihr Projekt. Alles außer gewöhnlich. Alles aus einer Hand. hager.de/arc
 
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